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Lisa Fitz – seinerzeit

Liza Fitz glücklose Vorpremiere im Nuts

 Die Funktion des Beobachters und die Wirkung des beobachten darauf

Frau Fitz mag keine Fotografen. Schließlich ist dies eine Vorpremiere und es sind 30 oder mehr Seiten Text – da stört schon der Klick der Kamera, auch wenn diese 15 Meter entfernt ist, oder gar eine kleine Spiegelung in der Linse. So ist das. Das kann man so respektieren. So bleibt dem geneigten Leser fotodokumentarisch verwehrt, dass die Maskerade beim neuen Bühnenstück der Lisa Fitz mehrfach wechselt und die Verwandlungskunst eine ihrer größeren Stärken ist.

Sie schlüpft in nicht weniger als fünf Rollen. Die Putzfrau Hilde Eberl, die Feministin Inge Stein, die Russin Olga Geheimnikova und in die der CSU Frauenabgeordnete Gerda Wimmer. Fünf? Ja, der Fehler findet sich schon in der Ankündigung, was bleibt ist wahrscheinlich die Rolle der Lisa Fitz. Was dennoch fehlt ist der rote Faden im Programm, das irritierenderweise „Weltmeisterinnen“ heißt, sich im Text aber so gut wie gar nicht wiederfindet. Der nämlich ist nicht zwingend weltmeisterlich.

Hilde Eberl erzählt von der Sterblichkeit, schwingt den Besen und resümiert, dass später auf ihrem Grabstein stehen wird: „sie kehrt nie wieder“. Schon zweideutig, ok. Die rothaarige Inge Stein zieht munter vom Leder indem sie über die Männerwelt und deren Anspruchslosigkeit herzieht und sich gleichzeitig beschwert, dass es 20 Millionen Verkehrsschilder in Deutschland gibt, die Straßen verstopfen. Und überhaupt kostet die Dampfnudel in Österreich mit der Vignette glatt 20 Euro, da könne man schließlich auch daheim bleiben, da habe man ja auch eine Dampfnudel.

Der Hinweis auf §7 des Bayr. Eichgesetzes ist dann wiederum recht charmant. Sagt er doch aus, dass Packungen so befüllt sein müssen, dass sie keinen falschen Inhalt vortäuschen und stellt sich in gleichem Atemzug Umweltminister Altmaier vor. Nun denn.

So zieht sich der erste Teil dahin, was fehlt ist die humorige Seele im Programm, der rote Faden allemal. Es wirkt ein wenig – man möge mir den Ausdruck verzeihen – runtergeleiert. Wer Fitz kennt, weiß: die Zunge ist scharf, der Verstand wach und kritisch, die politischen Spitzen treffend. Ein rechter Schwung mag nicht aufkommen. Dazu tragen auch die eingestreuten Songs nichts bei, die Lisa Fitz gesangstechnisch wohl meistert – ein Fitzkenner aber weiß: das ging schon mal viel, viel besser und vor allem authentischer. 

Im zweiten Akt kommt Olga zum Zug. Perfektes Deutsch-Russisch. Alle Ehre. Ja, sie, die Olga habe das Tote Meer erschossen und sie ist auch verantwortlich dafür, dass die Mäuse aus dem Reichstag ausgezogen sind – jetzt sind allerdings nur noch die Ratten da. So geht es dahin. Die Russen trinken Wodka, die Deutschen Bier und die Franzosen Wein. Woran man das erkennt? An der Fahne.

Die Paraderolle der spießigen CSU Abgeordneten wiederum scheint ihr auf den Leib geschneidert zu sein. Da zeigt sie auf, dass die Doppelmoral in Bayern allgegenwärtig ist, es Politiker gibt, die Familie predigen, aber die Sekretärin schnakseln. Und weil Familie so wichtig ist, stellen sie ja alle Familienmitglieder in ihrem Ortsbüro gleich mit an.

Lisa Fitz, textsicher aber in meiner (und der meiner Sitznachbarn) Wahrnehmung etwas glücklos. Der Programmtitel eine Themaverfehlung, die Pointen nicht Fitz-typisch scharf, wenngleich der zweite Set politisch ambitionierten Lesern Hoffnung gab, alles in allem eine etwas lauwarme Soße, die da geboten wurde, in einem restlos ausverkauften Nuts, das für beste Akustik und Lichtgestaltung sorgte.

Mein persönliches Low-light des Abends dann der Abschiedssong vom Kamel. Textprobe gefällig? „Ein Kamel geht hin und her und es hat keine Eltern mehr. Der Vogel Strauß hält´s zuhaus nicht aus“. Es verabschiedet sich eine mit hängenden Schultern und schleppenden Schrittes von dannen ziehende Lisa Fitz mit den Worten „das alte Kamel geht jetzt nach hinaus“. Vielleicht war es kabarettistischer, ironischer Sarkusmus. Ich weiß es nicht genau.

*** © Udo Kewitsch, 17.04.seinerzeit / Zeichen 3963, Zeilen 57   ***

PS: Anmerkung des Autors: die oben genannte, veröffentlichte Kritik gefiel der Künstlerin gar überhaupt nicht, woraufhin sie mich im Gästebuch meiner Webseite einstmals wüst beschimpfte. Wenn ich den lesenswerten Dialog noch finde, werde ich ihn dieser Seite beifügen. Gehabt Euch wohl.

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