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Teuflisch, teuflisch dieser Blues 

Stephan Zinner überzeugte auf der Auers Livebühne in Neubeuern

„Der Teufel, das Mädchen, der Blues und ich“ ist die Überschrift der neuen Zinner Spielzeit. Zinner spielt wie der Teufel, das Mädchen fand in man in den Geschichten rund um die Hauptstadt Berlin oder später in der Tinder Story und jede Menge Blues zog sich sowieso wie ein roter Faden durch die gesamte stimmige Vorstellung. Ein echter Zinner. Leibhaftig und locker gut gelaunt präsentierte er sich einer ausverkauftem Auers Livebühne. Mit dabei war Peter „Lightning“ Pichler, dem man allerdings auch gerne das Prädikat Stummfisch hätte verleihen können. Seine Beiträge beschränkten sich auf leise rhythmische Elemente, das Akkordeon, aber auch das Banjo und das kleine „Spielzeug“ Keyboard – ansonsten blieb er stumm und im Hintergrund.

Zinner zelebriert den Blues, dreckig, rauchig, mächtig in der Prägung. Er spielt ihn wie ein Schwarzer aus dem Mississippi Delta und – geschlossene Augen vorausgesetzt – man merkt keinen Moment das ein Weißer aus Trostberg im Chiemgau auf der Gitarre groovt. Er ist sowieso der Meinung, dass der Blues seine Wurzeln im Bayrischen trägt. Zinner singt und lebt den Blues mit Hingabe. Einerlei ob im perfekten Südstaaten Slang oder in humoriger altbairischer Mundart – er haut vor den Songs die Pointen wie beiläufig raus und setzt vor jedem seiner musikalischen Highlights, die sich durch den ganzen Abend ziehen, eindrucksvolle Witzmarken. Er unterhält, er flachst, er wandelt – stet unverfänglich – über die Stolperstufen des Alltags. Nur ein einziges Mal wird er politisch und widmet „Dem Nazi in der Kiste“ einen gewaltigen Song. Die Begegnung im Supermarkt mit Vorratskäufern findet im darauffolgenden Song des „Egoistenblues“ einen wahrheitsgetreuen Niederschlag, die Niederungen der Tinder-Paarsuche werden anschaulich vermittelt und man findet sich lauthals lachend im Livebräu, bestätigend nickend. Der Maisfeldblues war ein Song mit Schmackes und die Tatsache, dass es in Niederbayern auch Kreisverkehre mit nur einer Ausfahrt gibt, scheint ihn nicht weiter zu irritieren. „Des ist halt a Kurvn.“ Das dankbare Publikum lieferte eine neue Pointe für künftige Shows, da Zinner bis zu diesem Abend nicht wusste, dass umfallende Schafe nicht wieder aufstehen können, was demnächst auszuprobieren er sich notierte.

Zinner, einerlei ob in Begleitung oder nicht, ist für jede Bühne gut, dabei spielt es meines Erachtens kaum eine Rolle ob es ein reiner Kabarett Abend oder ein Konzert ist. In der Kombination ist es allemal wunderbar erfrischend. Erfrischend „närrisch“ dürfte es auch beim kommenden Nockerherberg 2026 werden, wenn Zinner die Rolle des Fastenprediger als Nachfolger von Maximillian Schafroth antritt.

Kurzum: ein Abend mit „der Teufel, das Mädchen, der Blues und ich“ wäre schon ohne den kabarettistischen Anteil mehr als nur ein Besuch wert – in Kombination mit dem Wortwitz und dem Schalk, der auf fortwährend auf Zinners Schultern sitzt, ist er Muss für jeden Kultur-Liebhaber. Kurzweilig, unterhaltsam, pfiffig, spritzig, eloquent auf der Tonspur, hochgradig musikalisch und stimmig die Sprache seiner Saiten. New Orleans lässt grüßen. Das Publikum im Auer war begeistert und schaffte es Stephan Zinner zweimal zurück auf die Bühne zu bitten. Gerne wieder.

*** © udo kewitsch, Nov25 / Zeichen : 3361 / Zeilen: 45 ***

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