In einem Zug ausgelesen – begeistert !
Ja, der Titel ist zweideutig. Und die Handlung ist klar: in einem Zug sitzen Eduard Brunhöfer und Catrin sich gegenüber. Die Geschichte nimmt ihren Lauf – und, um es vorweg zu nehmen: ich hab es tatsächlich in einem Zug ausgelesen. Der nebelige Herbst war perfekt dieser Tage (obwohl, ich sags Euch: das kannst du auch im Winter, Frühjahr oder Sommer am Strand lesen – oder auch in einem Zug).
Daniel Glattauer dürfte mancheinem ein Begriff sein. Gut gegen Nordwind war irgendwie ein Meisterwerk und mit „In einem Zug“ knüpft er an seine Erzählkunst spielerisch an. Eduard Brunhöfer ist ein ehemals gefeierter Buchautor, hat allerdings so seine Sorgen im Gepäck. Ihm Gegenüber sitzt Catrin Meyr, die ihm schon nach kurzer Zeit begehrlich und neugierig nahekommt. Sie will es wissen, er aber nicht reden. Die Zugsstrecke von Wien bis München Hauptbahnhof ist lang. Sie frägt, er antwortet höflich, aber nicht sonderlich begeistert und trotzdem entspinnt sich ein wunderbarer Dialog. Seine Versuche das Gespräch nach einem Punkt zu beenden laufen meist ins Leere, weitere Fahrgäste sollen sich erst spät im Abteil einfinden und für weitere Verquickung sorgen.
Daniel Glattauer lässt den Leser am normalen Leben teilhaben. Am Leben des Ehemannes Eduard und seiner besseren Hälfte Gina und eben auch an Catrin, die alles wissen mag und sich eben eine Ehe so gar nicht vorstellen kann und deshalb das Konzept auch in Frage stellt, welches Eduard wacker verteidigt. Es gibt so manchen Twist und es ist nicht zu viel verraten, wenn ich sage, dass zwei völlig unerwartete Handlungsstränge den Leser kurz aus dem Tritt bringen, was der Heiterkeit jedoch keinen Abbruch tut. Catrin Meyr ist unerbittlich, aber authentisch. Eduard ist sympathisch und man ertappt sich dabei, wie man sich wundert, dass er die Avancen von Catrin so tapfer meistert.
Man fährt von Station zu Station über St. Pölten und Vöcklabruck bis hin zu Salzburg, Rosenheim und schließlich München und erfährt eine Menge über die Ehe, das Leben, die Sorgen, Leidenschaften und manches mehr. Wunderbar fließend geht Text und der Dialog voran, nimmt den Leser an die Hand, ist niemals aufdringlich, immer augenzwinkernd schelmisch, zeigefingerhebend und lechzt geradezu danach in einem Zuge ausgelesen zu werden. Weglegen ist keine Option. Flüssig, eloquent und sowohl mit der rechten Portion Weisheit, als auch der guten Prise Humor lässt es Glattauer keine Sekunde langweilig werden, während der Zug über die Schienen rattert.
Die Wendung im letzten Drittel baut noch einmal zusätzlich Spannung auf und wer – kurz vor Schluß – glaubt alles erkannt zu haben und wissend zu sein, dem sei gesagt: sei Dir nicht so sicher, „in einem Zug“ geht bis zur letzten Seite.
Fazit: ein wunderbares Buch über die Liebe, das Leben, die Ehe und die Aufgaben, die man hat. Authentische Charaktere und pfiffige Dialoge und Gedankenspiele machen die Lektüre lebendig und lassen den Leser schmunzeln, nachdenken und lächeln. Perfekt für neblige Herbst- aber auch sonnige Sommer-, kalte Winter- und gemütliche Frühlingstage. Unbedingt lesen. ***** von 5.

*** (c) Udomittendrin. Nov25 ***